Landsberg, Friedrichshafen, Zeppelin, das war das Motto der Frühlingsreise durch Süddeutschland. Noch dick in unsere Wintersachen gepackt, machten wir uns von Wien mit dem Railjet auf Richtung München. Wer hätte bei den Temperaturen daran gedacht, Sommersachen einzupacken? In Deutschland herrschte bestes Frühlingswetter und Landsberg begrüßte uns mit strahlend blauem Himmel. Wir schwitzten. Alles war auf den Beinen. In der Stadt genossen die Menschen diese ersten warmen Tage des Jahres. Überall waren Tische aufgestellt, spazierten Leute und Scharen von Radfahrer zogen durch die Stadt.
Auch wir mischten uns unter die Leute und erkundeten die Stadt durch die der Lech über eine spektakuläre Stufenreihe fließt. Es wäre eigentlich schon schön genug gewesen, um sich ins Inselbad zu begeben aber dafür reichte die Zeit nicht.
Am nächsten Tag ging unsere Reise weiter nach Friedrichshafen, was per Bahn gar nicht so einfach ist. Der Weg führte uns via Augsburg und Ulm. In Ulm ergatterten wir einen Blick auf die schöne Altstadt, wo Erinnerungen an das Nabada wach wurden.
Langsam änderte sich die Landschaft. Es wurde flacher und lieblicher. Obwohl die Fahrt umständlich war, verging sie doch rasch. In Friedrichshafen liegt der Bahnhof ganz nahe am Bodensee. Man steigt aus und ist quasi auf der mondänen Uferpromenade, die den Vergleich mit Städten wie Genf nicht scheuen muß. Vor uns lag der Bodensee, auf dem sich im prächtigsten Wetter Tretboote, Segler und Dampfer tummelten. Dahinter die Schweizer Berge. Rasch entdeckten wir auch den Zeppelin am Himmel. Er gehört zum Bodensee einfach dazu.
In Friedrichshafen scheint sich überhaupt fast alles um das Thema Zeppelin zu drehen. Fast kein Geschäft, kein Lokal und kein öffentlicher Platz, der sich dem Thema Zeppelin entziehen kann. In unseren Tagen in Friedrichshafen, wurde der Zeppelin zu unserem ständigen Begleiter. Denn die zwei Luftschiffe, die die DZR betreibt sind bei Schönwetter fast dauern in der Luft. Friedlich kreuzen sie über dem Bodensee und kehren immer wieder nach Friedrichshafen zurück.
Für alle Zeppelin-Freunde ist natürlich das Zeppelin-Museum im alten Hafenbahnhof ein besonderer Anziehungspunkt. Das Gebäude wurde 1933 nach einer Planung von Karl Hagenmayer im Bauhausstil errichtet. 1996 zog das Zeppelinmuseum in das ehemalige Bahnhofsgebäude ein. Es steht direkt am Fährhafen im Zentrum von Friedrichshafen, einem regelrechten Verkehrsknotenpunkt.
Wenn man auf der Terrasse des Museumsrestaurants sitzt, hat man einen wunderbaren Überblick über das bunte Treiben rund um den alten Hafenbahnhof. Schiffe legen an, laufen unter Getröte wieder aus, Autos werden verladen, Menschen strömen über die Stege. Alles ist in Bewegung. Das Museums-Restaurant ist innen mit großen Zeppelin-Bildern dekoriert. Hier fühlt sich nicht nur der Zeppelin-Freund wohl.
Im Museum wird die Geschichte der Zeppelin-Luftschiffe in zahlreichen Schaukästen sehr liebevoll und detailreich dargestellt. Absolutes Highlight ist eine 1:1 Teilrekonstruktion der Fahrgasträume der LZ129 Hindenburg. Nachgebaut ist dabei ein Viertel der Steuerbord-Seite des Schiffes, das die Fahrgastkabinen, Speisesaal, Toiletten und Promenaden enthält. Der Einstieg erfolgt originalgetreu über ein ausklappbares Treppchen. Innen und außen wurde größter Wert auf die originalgetreue Nachbildung gelegt. Man fühlt sich in die große Zeit der Zeppeline zurückversetzt.
Am nächsten Tag war es dann endlich soweit: Der Zeppelin-Flug, das eigentliche Ziel der Reise, stand bevor. Nur ein Tag nach dem Jahrestag der Hindenburg-Katastrophe (6. Mai 1937). Das hatten wir beim Buchen völlig übersehen.
Die letzten Tage war der Blick stets nervös auf den Wetterbericht gerichtet. Denn der Zeppelin NT ist – im Passagierbetrieb – ein reiner Schönwetterflieger. Die lange Anreise gepaart mit der Wetterunsicherheit gaben da schon Anlaß zur Sorge (später wurde uns berichtet, daß einige Passagiere bis zu fünf mal erfolglos anreisten). Aber das Wetter hielt und wir machten uns mit dem Taxi auf zum Zeppelin Hangar am Flughafen Friedrichshafen (FDH).
Hier hat die DZR, die Deutsche Zeppelin Reederei, neben dem Hangar ein Besucherterminal mit Restaurant und Souvenirshop errichtet.
Man muß sich eine Stunde vor dem Start einfinden, Tickets und Ausweise herzeigen und wird dann ca. 30 min vor Abflug zu einem Briefing gerufen. In der Zwischenzeit lädt die Sonnenterrasse zum Verweilen ein. Hier ist man in unmittelbarer Nähe des Zeppelin-Hangars und natürlich des Zeppelins, der hier immer wieder zwischenlandet, um neue Passagiere aufzunehmen. Die Terrasse ist durch einen hohen Stacheldrahtzaun vom Flughafengelände abgetrennt, aber hier wurde besondere Rücksicht auf Zuschauen und Fotografen genommen: Es gibt zahlreiche Öffnungen im Zaun, durch die man die Nase oder die Kamera stecken kann und somit einen ungetrübten Blick auf den Zeppelin erhaschen kann.
Im Briefing sieht man ein kurzes Marketing-Filmchen, und dann wird das Ein- und Aussteigen erklärt. Wie auch beim Heißluftballon, ist es notwendig, daß Passagiere immer paarweise ein- und aussteigen, damit der Zeppelin nicht zu leicht wird und abhebt. Der Zeppelin ist nämlich so austariert, daß er am Boden ein leichtes Übergewicht von 300 kg bis 400 kg hat. (Das ist auch die Begründung, wieso man heute beim Zeppelin NT von Fliegen und nicht von Fahren spricht. Oder wollte man doch nur die ewige Konfusion beenden?) Damit ist er eigentlich schwerer als Luft. Um aufzusteigen nutzt der Zeppelin NT eine Mischung aus statischem und dynamischen Auftrieb. Zusätzlich sind die Propeller schwenkbar. Beim Start zeigen die Zugpropeller schräg nach oben und ziehen den Zeppelin in die Luft. Dabei ist auch die Nase recht steil nach oben gerichtet.
Beeindruckend ist die Manövrierbarkeit des Zeppelins. Am Boden genügt eine Haltemannschaft von 3-4 Personen. Für den Passagierwechsel ist kein Ankermast erforderlich. Der Zeppelin wird vom Piloten am Boden gehalten. Dabei schwoit das Schiff im Wind. Die Haltemannschaft dirigiert die Passagiere rund um den Zeppelin und achtet darauf, daß sie immer paarweise ein- und aussteigen. Einer raus, einer rein. Für Kinder, wurde uns erklärt, würden zusätzlich auch Bleisäcke eingeladen. Ob für korpulente Passagiere auch welche diskret ausgeladen werden, wurde nicht erwähnt.
Innen findet man eine geräumige Fahrgastkabine vor. Im Gegensatz zum Flugzeug, sind die Fenster riesig und es gibt nur Fenstersitze. Insgesamt haben 14 Passagiere und zwei Mann Besatzung Platz im Zeppelin NT. An Bord befindet sich auch eine Toilette. Zwei Fenster kann man teilweise öffnen. Die Heckscheibe bietet einen umwerfenden Panoramablick und die beiden vordersten Sitze sind gegen die Fahrtrichtung ausgerichtet und haben besonders viel Beinfreiheit. Überhaupt ist der Zeppelin sehr geräumig. Und ist man erst einmal in der Luft, so kann man sich abschnallen und frei in der Kabine bewegen. Die Mannschaft bestand bei uns aus einer Flugbegleiterin und dem Piloten. Zeppelin-Pilot zu sein, erschien für uns recht anstrengend. Der Pilot hatte stets buchstäblich alle Hände voll zu tun. Er steuert das Schiff über einen Joystick und zahlreiche weitere Hebel für die drei Motoren (Neigung, Anstellwinkel, Drehzahl,…) und die Ballonetts.
Nach der Steigphase ging der Zeppelin in ca. 400m Höhe in die Horizontale über. Wir konnten uns abschnallen und die Aussicht aus den Fenstern genießen. Das Panorama war prachtvoll. Der Bodensee lang uns zu Füßen. Überall kleine Schiffe. Blauer Himmel. Im Hintergrund die Schweizer Berge. Man wußte nicht, wo man zuerst hinausschauen sollte.
Ich muß gestehen, daß mir die Landschaft weniger am Herzen lag, als der Zeppelin an sich. Luftschiffe haben mich schon viele Jahre fasziniert und das war quasi die Krönung: Im richtigen Zeppelin unterwegs zu sein. Die Technik selbst zu erleben. Das Gefühl selbst erfahren. Es war wirklich einmalig. Es gab keine Unsicherheit oder Angst. Man vertraut dem Zeppelin. Diesem friedlichen, stets freundlichen Schiff, das so langsam (ca. 70km/h) und elegant durch die Luft gleitet. Die Motoren sind nur leicht zu hören.
Die Fahrt dauerte exakt 60min. Die führte uns von FDH das Ufer entlang Richtung Westen über die Insel Mainau bis Konstanz und auf parallelem Kurs über dem Bodensee zurück nach FDH.
Die Landung war völlig unproblematisch. Am Boden wartete bereits die Haltemannschaft mit den nächsten Passagiere und das Spiel begann von neuem. Einer raus, einer rein. In wenigen Augenblicken war der Passagierwechsel vollzogen. Wir waren wieder am Boden, und der Zeppelin erhob sich über uns zu seiner nächsten Runde.
Alle Fotos findet man hier.
[note: comments are closed, 7.8.2017]
Du solltest zu Magnum Photographers wechseln! Schreiben kannst auch – großartig!
Glückwunsch!
Ja, super Reportage!!
Wirklich ein schönes Geschenk! Ich freue mich, daß ich ein Teil davon sein durfte :-)
tolle Reportage, tolle Bilder!!
thank you for sharing! ;-)
Wunderbarer Bericht mit tollen Fotos, die mich an den Besuch in diesem Museum erinnern, Rundflüge gab es damals noch nicht. Der prachtvolle See und die wunderschöne Umgebung sind allemal eine Reise wert. Es ist mir zutiefst verständlich, warum dieses Gebiet seit Urzeiten besiedelt wurde, es ist ein ganz besonderer Fleck und diese Bilder sind der beste Beweis.
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